veröffentlicht von Geometragische Gazette am 10. Mai 2014

von Barnebras Riffperle, Silbermond

Wie sehr die Gewohnheit litt, zeigte die achte Abendstunde. Bis 20 Uhr hatten sich nicht viele Besucher zu “Völkerkunde V: Die Zwerge” an der gräsernen Tribüne bei Thurons Aufzucht eingefunden. Hatte das öffentliche Interesse an den Vorträgen des Elfenbeinturms nach der spürbaren Auszeit etwa nachgelassen? Nein!

Denn die Wissbegierigen erschienen dann doch noch in Scharen wie zu besten Zeiten. Es ließ sich nicht vermeiden, dass eine Gruppe Pandaren neben den thalassischen Teilnehmern herausstach. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich um Expeditionisten der sogenannten Wandertatzen. Sie sind der Künstler- und Gelehrtenloge seit geraumer Zeit freundschaftlich verbunden.

Ein Referent vom selben Volk, das das Thema darstellt, wie schon bei Zori Zauberbolzens Vortrag über die Goblins, wäre aufgrund der politischen Lage kaum zu vermitteln gewesen, so dass Meister Gyldor Herzblut sich einmal mehr persönlich und redlich bemühte. Zu Beginn befasste er sich — wie sollte es auch anders sein? — mit dem Anfang. Die bis heute nicht restlos aufgeklärte, daher für Mythen anfällige Entstehung der Zwerge wurde im beliebten Austausch mit dem Auditorium erörtert, von der Abstammung von steinernen Wächtern der Titanen, den Irdenen, bis zum Fluch des Fleisches, dessen Ursprung man bei den Alten Göttern vermutet.

Je näher man der Gegenwart kam, desto fundierter klang das Referat. Herzblut datierte den Niedergang der Blütezeit mit dem Tod des letzten Königs aller Zwerge Modimus Ambossar vor mehr als 250 Jahren. Das entstandene Machtvakuum hatte einen Bürgerkrieg unter den Clans Bronzebart, Wildhammer und Dunkeleisen zur Folge, an den sich die Verbannung der zwei letztgenannten Sippen anschloss. Sie fanden eine neue Heimat, die Wildhämmer in Grim Batol, die Dunkeleisenzwerge im Rotkammgebirge.

Die Spannungen blieben nichtsdestotrotz und rissen gar, als die Dunkeleisenzwerge in Feldzüge gegen ihre Vetter zogen, nur um von den vereinten Bronzebärten und Wildhämmern zurückgeschlagen zu werden, bis die Dunkeleisen in ihrer Verzweiflung und Rachlust zum letzten Mittel griffen und einen fatalen Fehler begingen: die Beschwörung des Elementarfürsten Ragnaros. Wie wenig der unsterbliche Herr des Feuers zu beherrschen war, davon zeugen noch heute das verbrannte, schwefellastige und von Lavaflüssen durchzogene Alptraumland des Schwarzfels und der Vulkan selbst. Die Dunkeleisenzwerge hatten ihr eigenes Schicksal besiegelt, dezimiert und in Sklaverei, während die Wildhämmer nach dem Verlust von Grim Batol den Nistgipfel besiedelten sowie ein neues Band mit der Natur, insbesondere mit den Greifen des Hinterlands, knüpften und die Bronzebärte nach Eisenschmiede heimkehrten. Der Krieg der drei Hämmer war beendet.

Aber keineswegs überwunden. Nachdem die Konflikte vor Jahren wieder aufbrachen, gibt die jüngste Zeitgeschichte Anlass zur Hoffnung, das Volk der Zwerge könnte bald vereint zusammenstehen und gar einen neuen gemeinsamen Hochkönig hervorbringen.

Über das Warum schweigt sich der Schreiber an dieser Stelle bewusst aus, obwohl der Abend da längst noch keinen Abschluss gefunden hatte, und möchte stattdessen für den Elfenbeinturm werben. Er hat hierbei nicht allein seine Vorträge, sondern auch einen von Eryne Shan’re vorgetragenen Aufruf im Sinn. Die Loge beabsichtigt nämlich in wenigen Monaten Reisen zu all den bedeutungsvollen Orten in der Zwergenhistorie und lud vorgestern dazu ein, sich dem abenteuerlichen Unterfangen anzuschließen. Interesse geweckt? Dann schnell anmelden! Es geht doch kaum etwas über greifbare Geschichte.

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