veröffentlicht von Geometragische Gazette am 25. November 2013

von Anaesthur Morgentau, Silbermond

Ob die Lehrlinge im Weissagungsunterricht am Dath’Remar-Schrein etwas ahnten? Man müsste teilnehmende Adepten wie Catronia Sonnenkuss oder Throe Abendraunen fragen, ob sie eine derartige Entwicklung in ihren Seherschalen erblickten. Schließlich leitete Lygeia Flammenherz höchstselbst sie bei der Übung vor vier Tagen an. Doch bei all den Geheimnissen, die magisch aufgedeckt wurden, dürfte ihres dann doch nicht zum Vorschein gekommen sein. Die Rede ist von ihrem Rücktritt als Prorektorin für Lehre.

Angeblich wurde dieser bereits vor geraumer Zeit eingereicht, ist aber erst mit der Bestimmung ihrer Nachfolge vollzogen. Das Rektorat befand sich demnach seit vorletzter Woche auf der Suche und demonstrierte eine bemerkenswerte Geräuschlosigkeit, bis die Entscheidung schlussendlich auf ein buchstäbliches Eigengewächs fiel: Caulandra Frühlingshauch, unter anderem die Verantwortliche für die der Akademieküche und der Krankenstube zuliefernden Kräuter- und Gemüsegärten. Besser bekannt dürfte die 139-Jährige als Dozentin für Alchemie (Grundkurs) und Pflanzenkunde sein, die obendrein das Botanische Labor leitet. Summiert man diese Karriere sowie ihre Studienzeit und berücksichtigt außerdem die unverschuldeten Unterbrechungen, blickt die Absolventin des Arkaneums (mit Abschlussschwerpunkten Illusion und Bannung, Anm. d. R.) auf eine über neunzig Jahre reichende Präsenz an ihrer Alma Mater zurück.

Dass Frühlingshauch bislang nicht groß aufgefallen war, hat viele Gründe. Schüler und Kollegen beschreiben sie als ruhige, um Harmonie bedachte Person. Des Weiteren hielt sie sich bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen zurück. Eher schrieb ihr Privatleben Schlagzeilen — betrübliche wohlgemerkt. Dem früh geschlossenen Lebensbund mit ihrer Jugendliebe war nämlich kein Glück beschieden. Ihr Gemahl sprengte sich bei einem Laborversuch selbst in die Luft. Künftig wird man den Namen Frühlingshauch nicht nur aufgrund dieser Tragödie kennen. Als Prorektorin für Lehre wird schließlich von ihr erwartet voranzuschreiten, wenn auch nach Rektor Perenn Winterfall und seinem ersten Stellvertreter Neroth Blutflamme im dritten Glied. Innerhalb der Akademie der arkanen Künste bildet sie jedoch die alleinige Spitze und organisiert hauptverantwortlich den Bildungsbetrieb.

An den Schreibtisch fesselnde Pflichten wie diese sollen, so wird kolportiert, Magistrix Lygeia Flammenherz das Amt vergrätzt haben. Mehr als drei Monate nach ihrem Aufstieg in den höchsten Führungszirkel möchte sie sich wieder stärker ihrer Tätigkeit als Dozentin widmen. Sie fühle sich zur Lehrerin berufen, nicht zur Verwaltung, bekundete eine nahstehende Person. Nicht auszuschließen sind Beziehungsquerelen, die ebenso den Entschluss beeinflusst haben könnten. So sammeln sich in den Adeptenbriefkästen Hinweise auf ein Ende der Partnerschaft zwischen der Magistrix und dem Kollegen Neroth Blutflamme. Informationen aus dieser für Tratsch anfälligen Quelle sind wie eh und je mit Vorsicht zu genießen.

Unumstößlich verhält sich hingegen Caulandra Frühlingshauchs Beförderung ins Rektorat. Die Redaktion der “Geometragischen Gazette” wünscht ihr selbstredend den größtmöglichen Erfolg und bedankt sich bei ihrer Vorgängerin für deren Einsatz. Es handelt sich nicht um Abschiedsworte. Denn das Arkaneum hat zwar in Lygeia Flammenherz eine Prorektorin verloren, dafür eine engagiertere Dozentin zurückgewonnen.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.